Warum Studieren ab 30 finanziell eine ganz dumme Idee ist

Studium

Nein, es geht hier nicht darum, dass man täglich aufgrund seines Alters als Ersti verarscht wird (obwohl auch das stimmt 😉 ), sondern rein um den finanziellen Aspekt eines Studienbeginns im Alter von knapp unter oder über 30 Jahren. Vielmehr möchte ich darauf eingehen, an welchen Ecken und Enden es insbesondere finanziell problematisch wird, eigene Erfahrungen anbringen und den einen oder anderen kleinen Ausblick geben.

BAföG, Wohngeld

Fängt man über 30 mit dem Studium an, hat man bzgl. BAföG fast schon verloren. Beim Master gibt es noch eine Grenze bis 35 Jahre. Kann man Kindererziehung als Grund für den späten Studienbeginn anführen, hat man möglicherweise noch Glück und bekommt eine Ausnahmeregelung. Ich persönlich hatte Pech, BAföG fiel für mich komplett aus, selbst eine Förderung per reinem Darlehen geht dann nicht mehr. Was viele nicht wissen: Auch von der Rundfunkgebühr (früher GEZ) kann man sich dann nicht mehr befreien lassen, denn diese sieht eine Befreiung für Studenten nur vor, wenn man eben BAföG-Empfänger ist. Theoretisch gäbe es noch die Wohngeldförderung, die jeder mit geringem Einkommen grundsätzlich beantragen kann. Studenten, die „dem Grunde nach BAföG berechtigt sind“ (ich glaube so heißt es), bekommen diese allerdings prinzipiell nicht. Nun fällt man strenggenommen ab 30 nicht mehr darunter, weil man ja eigentlich nicht mehr förderungsfähig ist. Die Ämter und Sachbearbeiter, die für das Wohngeld zuständig sind, sehen das aber oftmals anders und winken mit dem Hinweis „Du bist aber Student!“ direkt ab. Man sollte sich also zumindest auf Papierkrieg einstellen, sofern man am Wohngeld interessiert ist. Dieses ist aber ohnehin recht gering und sehr restriktiv wenn es darum geht, wieviel Einkommen man hat.

Krankenversicherung

Das ist noch so ein nicht zu unterschätzender Punkt. Ab 25 muss man sich in der Regel selbst krankenversichern. Dank der günstigen Studententarife von knapp unter 80 Euro pro Monat ist das noch einigermaßen human. Der Haken: Ab 30 ist damit Schluss. Dann gilt der Mindestsatz der Krankenkasse, sofern man nur recht geringe Einkünfte hat, in meinem Fall liegt dieser bei etwa 150 Euro monatlich. Man kann zwar versuchen, eine Ausnahmeregelung zu beantragen, die Aussicht auf Erfolg hängt aber entscheidend vom Glücksfaktor und einem sehr zuvorkommenden Sachbearbeiter ab. Ich selbst habe es kürzlich geschafft, den Zeitraum zunächst bis etwas über 31 zu strecken, musste dafür aber einen kleinen Aufsatz schreiben mit Gründen, warum ich so spät noch mit dem Studium angefangen habe. Man sollte sich also einen guten Grund einfallen lassen, standardmäßig kann man hier beispielsweise die Bundeswehr/Zivi-Zeit angeben. Die Pflege von Angehörigen kann ein weiterer guter Grund sein und vermutlich auch mal wieder die Kindererziehung 😉

Studentenrabatte

Auch hier wird’s eng: Profitiert man als Student doch oftmals von ein paar kleinen Boni beim Handytarif oder dem DSL-Vertrag, werden diese fast grundsätzlich ab dem 30. Lebensjahr gedeckelt. Die einzige mir bekannte Ausnahme ist McSim, dort werden ganz nette Studententarife ohne Laufzeit und ohne Altersgrenze angeboten. Finde ich persönlich sogar interessant und brauchbar. „Rein zufällig“ habe ich selbst noch die Seite Geizstudent.de, die sich mit dem Thema Studentenrabatt für alle Lebenslagen beschäftigt 😉

Was man versuchen kann: Bildungskredit und Studienkredit

Über 30 kann man sowohl den Bildungs- als auch den Studienkredit noch abschließen. Beim Bildungskredit sollte man allerdings bis zum 36. Lebenjahr das Studium vollendet haben. Auch bekommt man diesen nicht von Beginn an, sondern erst wenn man nachweisen kann, dass das Studium innerhalb der nächsten zwei Jahre voraussichtlich abgeschlossen sein wird. Erst dann erhält man diesen zu einem sehr günstigen Zinssatz für maximal 24 Monate, dabei kann man monatlich 100, 200 oder maximal 300 Euro erhalten. Der Höchstbetrag liegt also bei 7200 Euro.

Beim Studienkredit sind die Grenzen alle etwas lockerer. Bis 44 kann man diesen noch erhalten, allerdings bekommt man diesen ab einem Alter von 35 für weniger Semester genehmigt. Was ganz nett beim Studienkredit ist: Man kann online halbjährig die Höhe selbst festlegen. Monatliche Zahlungen von 100 Euro bis 650 Euro sind dabei möglich, so kann man den Kredit immer wieder an die persönlichen Bedürfnisse anpassen.

Was man aber keinesfalls vergessen darf: Es sind wirklich nur Kredite, die vollumfänglich und mit Zinsen (beim Bildungskredit sehr geringe, beim Studienkredit schon etwas höhere) in Monatsraten zurückgezahlt werden müssen. Die Zinsen können dabei je nach Rückzahlungsdauer durchaus ziemlich ins Gewicht fallen! Und anders als beim BAföG ist hier die Schonfrist recht gering und liegt nur etwa bei ein bis zwei Jahren nach der letzten Zahlung. Auch kann man hier nicht aufschieben, weil man möglicherweise keinen Job hat oder ähnliches. In meinen Augen also eine recht gefährliche Angelegenheit, denn man sitzt nach dem Studium erst einmal mit einem Schuldenberg da, der besonders beim Studienkredit locker in die Zehntausende gehen kann. Also meines Erachtens wirklich eher die letzte Notlösung, wenn es nicht anders geht, sich das Studium zu finanzieren!

Wer besonders gut ist: Stipendium!

Die meisten Hochschulen bieten zumindest noch Förderungen in Form von Stipendien an. Davon gibt es jede Menge, es kommt also ganz auf die Hochschule an, bei der man sich dann auch erkundigen sollte. Hier bei uns gibt es z.B. das Deutschlandstipendium mit 300 Euro monatlich für – sofern ich mich nicht täusche – ein Jahr. Dazu muss man aber sehr gute Noten in den ersten beiden Semestern vorweisen, am besten noch sozial engagiert sein und dies auch nachweisen können. Am Ende gibt es dann ein Auswahlverfahren mit Einzelgesprächen. Also keine sichere Sache.

(Update 2015/2016) Ich hatte inzwischen Glück: Unsere Hochschule macht auch beim I.C.S. Förderprogramm mit. Das ist ein duales Studienprogramm, bei dem ausgewählte Studenten nach dem vierten Semester die Chance bekommen, das Studium mit einem Unternehmen weiterzuführen. Man wird also zum dualen Studenten und tauscht Semesterferien gegen Arbeitzeit – wird dafür aber komplett finanziert, auch wenn man danach ein ganzes Semester wieder nur in den Vorlesungen sitzt. Gute Noten können sich also auszahlen! Denn durch den Vertrag wird man auch komplett über das Unternehmen sozialversichert.

Ein Fazit

Ich möchte wirklich niemanden davon abhalten, ab 30 noch mit dem Studium anzufangen und bereue diesen Schritt selbst auch nicht. Jedoch muss ich immer wieder feststellen, dass das monetäre Risiko nicht zu vernachlässigen ist, da die wichtigsten Förderungen, Rabatte und Auffangnetze einfach nicht mehr greifen. Nicht zu vergessen, dass mit 30 auch der „Hotel Mama“-Bonus meist schon längst aufgebraucht ist. In der Regel hat man ja auch deutlich mehr finanzielle Verpflichtungen als noch mit 20.

Ohne meinen Wochenend-Werkstudentenjob – der zum Glück wirklich gut bezahlt wird – und der (momentan eher geringen) selbständigen Tätigkeit im Online Marketing- und Web-Bereich wüsste ich nicht, wie ich mir mein Studium – oder vielmehr das Leben neben dem Studium – finanzieren sollte. Wer also mit dem Gedanken spielt, hat sich besser schon einen Plan gemacht oder aber jede Menge Ersparnisse. Studienkredite würde ich wirklich nur als letzten Ausweg nutzen.

(Update: Inzwischen bin ich im dualen I.C.S. Programm untergekommen und diese Nöte bis zum Studienende los. Die ersten vier Semester waren aber sehr Fabrikarbeit-lastig bei mir)

Wer hat noch weitere Anmerkungen, Tipps oder Erfahrungen?

PS: Natürlich gibt es auch noch je nach Studiengang die Option, ein Fernstudium neben dem Beruf zu machen. Rein kostentechnisch kommt man z.B. mit der staatlichen Fernuni Hagen wirklich gut weg, zumindest wenn man annimmt, dass man ansonsten irgendwo Miete zahlen müsste.

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Servus! Mein Name ist Michael Gregor, ich bin ehemaliger E-Commerce Student an der FHWS, Blogger, Webworker und schon IT-Geek seit ich 1994 meinem ersten 386er hatte 🙂 Meine Leidenschaft gilt neben den alten Bekannten wie SEO und Bloggen inzwischen dem Aufbau von Online Akademien und Kursplattformen.
  1. Ganz ehrlich, auch ich halte nichts davon. Seien wir doch mal ehrlich: Man hat doch Ziele, Träume und Wünsche in seinem Leben und möchte doch nicht bis Mitte 30 oder noch länger auf Gelegenheitsjobs zurückgreifen. Wer es mag, Spaß dran hat und danach bessere Chancen im Job hat gerne. Allen anderen ist wirklich nur zu empfehlen das Studium noch in den 20igern zu beenden :).

  2. Da bin ich heilfroh das ich in Österreich studieren darf.
    Sofern man vorher mindestens einige Jahre Berufstätig war und ein bestimmtes Jahreseinkommen hatte,
    kann mit Studienbeginn ein Selbsterhalterstipendium beantragen.
    knapp 700 Euro monatlich für eine Höchstdauer von Regelstudienzeit + 1 Toleranzsemester – welches nicht zurückzahlbar ist.
    Mit einem 10 oder 20 Std. Job noch dazu ist das ne interessante Sache 😉

  3. Ich gebe dir schon Recht, ich bin auch deutlich Ü 30 und bekomme nur deshalb Bafög, weil ich Kinder habe, aber an den mittlerweile durch Erhöhung des Beitragssatzes knapp 160 EUR Krankenkasse monatlich habe ich auch zu knabbern. Unterm Strich hat man als Empfänger von Sozialleistungen mehr in der Tasche als mit Bafög, weil man keine Möglichkeit hat, Wohngeld o.ä. zu beantragen und die Krankenkasse eben so hoch zu Buche schlägt. Nebenjobs könnte ich nicht mal ausüben, weil mir das alles auf die Förderung von Hort und Kindergartenbeitrag angerechnet wird, also müssen Bafög und Kindergeld für die Kids zum Leben reichen. Zum Glück habe ich Eltern, die mir des Öfteren aushelfen, ist eben so, wenn man in dem Alter noch studiert ;-). Bereuen tue ich es dennoch nicht, insbesondere nicht, dass ich E Commerce gewählt habe.

  4. Hallo zusammen,

    ich habe mit 38 ein Informatik-Studium angefangen.

    Nach dem zweiten Semester habe ich bei der mir bis dahin unbekannten EKK-Bank einen Studienkredit beantragt und bekommen (500 EUR pro Monat).

    Das würde ich aber nicht empfehlen, wenn man ein sog. brotloses Studium macht.

    Wahrscheinlich habe ich ihn im meinem Alter aber auch nur bekommen, weil ich kaufmännische Berufserfahrung, Weiterbildung und Einkommen hatte.

    Es war in den ersten Semestern besonders hart. Ich war selbständig mit einem Büroservice und dank Anwesenheitsflichten und Vorleistungen konnte ich nur zu bestimmten Zeiten arbeiten, nachmittags, abends und Wochenende. So kamen zwar 25 bis 30 Stunden zusammen, aber nur mit Tätigkeiten, die schlecht bezahlt wurden (Schreibarbeiten).

    Dafür ist einem der Neid der Mitmenschen sicher – denn Studenten sind ja laut Volkes Meinung faule Säcke, die den ganzen Tag im Schwimmbad liegen, abends in der Kneipe saufen, danach zu Hause Party machen und bis mittags schlafen. Natürlich laut Gerüchten mit „Bafög bis zur Rente“.

    Zur Krankenversicherung ist noch zu sagen: Das ist der Mindestbeitrag. Wer mehr als ca. 890 EUR brutto verdient, zahlt mehr. Dafür, dass man mehr zahlt als vergleichbare Angestellte, ist man aber nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt bei Angestellten-Tätigkeiten bis 20 Stunden pro Woche, in der vorlesungsfreien Zeit auch Vollzeit. D.h. man bekommt kein Krankengeld, falls dies mal nötig sein sollte. Gott sei Dank bin ich nie krank.

    Gruß

    Susanne

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