Aufgrund der fürstlichen Bezahlung arbeite ich schon seit einer ganzen Weile auch regelmäßig als Werkstudent in der Produktion bei einem großen Automobilzulieferer am Wochenende. Als Einzelkämpfer-Selbständiger im Webbereich gab es eben auch immer Höhen und Tiefen und nicht immer ist man erfolgreich mit seinen eigenen Webprojekten. Irgendwie will die Miete aber bezahlt werden. Also ist ein bisschen „ehrliche Arbeit“ auch gar nicht schlecht, zumal das Fabrikarbeiterleben durchaus interessante Erfahrungen bringen kann und nicht zuletzt ein wenig zum Studieren motiviert. Ich habe es jedenfalls nie bereut.
Nun sind aber die Arbeitsabläufe meist sehr monoton, ein wenig Musik wäre also schon aufbauend. Doch wer schon mal in einer Fabrik gearbeitet hat, der weiß dass Gehörschutz – je nach Abteilung – in der Regel Pflicht ist, und das aus gutem Grund. Setzt man sich im vergleichsweise stillen Wohnzimmer übliche In-Ear Ohrhörer ein, denkt man erstaunt „wow, die dämpfen Außengeräusche aber toll ab“. Tut man dies aber in einer lauten Fabrikhalle, so stellt man fest, dass die dünnen Gummiaufsätze eigentlich gar keinen Effekt haben und man selbst auf höchster Musiklautstärke kaum etwas hört, außer dem Lärm der Maschinen.
Also suchte ich nach Noise-Cancelling Kopf- bzw. Ohrhörern und fiel bei den Preisen fast vom Stuhl. 300 Euro und mehr werden da locker mal aufgerufen. Hinzu kommt, dass diese Geräte ihre Geräuschunterdrückung scheinbar auch nur dadurch erlangen, dass sie per Mikrophon die Außengeräusche auffangen und eben gegengelagerte Töne erzeugen. Man entschuldige die laienhafte (und möglicherweise völlig falsche) Erklärung meinerseits, aber ich bin hier auch nicht ganz kompetent genug, um die Funktionsweise zu beschreiben. Jedenfalls scheinen mir die Noise-Cancelling Produkte keinen besonders ausgeprägten physischen Gehörschutz von sich aus zu haben, dies wird eher elektronisch erreicht, und so ist der Effekt bei leerem Akku in den Teilen auch wieder weg. Ist aber auch egal, sie sind sowieso einfach zu teuer 😉
Also warum bauen wir uns sowas nicht einfach für null Euro selbst? Diese Lösung sieht zwar nicht unbedingt sehr schick aus, aber sie funktioniert. Wollt ihr auch noch coolen Style, müsst ihr eben 300 Euro ausgeben 😛 Ich muss aber gestehen, dass dieser Einfall nicht auf meinem Mist gewachsen ist, die Credits für diese Idee gehen vollumfänglich an meinen Maschinenbauer-Studentenkollegen Dima, mit dem ich einige lustige Sonntagsschichten verbracht habe. Ich bin mir sicher, er hat nichts gegen die Vorstellung seines kleinen „Patents“ hier 😉
Was wird benötigt?
- Handelsübliche In-Ear-Ohrhörer. Ich habe mein altes paar Sonys mit iPod Fernbedienung dafür genommen, Kostenpunkt knapp 20 Euro. Die Teile sind okay, soundtechnisch aber auch wirklich nichts besonders. (Wie sich das durch diesen „Mod“ verändert, sehen wir gleich!)
- Gehörschutz-Ohrstöpsel, wie sie in jeder Fabrik alle paar Meter in Selbstbedienungsautomaten hängen
- Schere
- Schraubenzieher
- 5 Minuten Zeit
Interessiert? Dann los!
(ich hatte keine Lust, meine DSLR herauszuholen, also hier nur ein paar Handyfotos)
- Zunächst schneidet man am vorderen Ende der Ohrstöpsel ein kleines Stück ab, etwa 0,5 bis 1 cm (eben die dünne Spitze).
- Nun steckt man den Ohrstöpsel möglichst mittig auf einen (am besten Kreuz-)Schraubenzieher, damit er ein Loch bekommt. Der Schraubenzieher sollte nicht zu dünn sein. Auch muss man beachten, dass die Stöpsel sehr flexibel sind, es geht also vermutlich etwas schwer und sie schrumpfen dabei stark.
- Die Original Gummiaufsätze der Ohrhörer müssen natürlich abgenommen werden.
- Den bearbeiteten Ohrstöpsel setzt man nun mit viel Kraft auf das Ohrhörergehäuse auf. Auch dies geht etwas schwer, wichtig ist aber nur, dass sie so weit wie möglich über das Gehäuse gestülpt werden, so dass der kleine Lautsprecher herauskommt.
- Innerhalb weniger Minuten werden sich die Ohrstöpsel dann wieder auf ihre ursprüngliche Größe aufblähen und das Gehäuse gut umschließen. (Hinweis: Keine Sorge, wenn es nun so aussieht, dass die Lautsprecheröffnung fast verschlossen ist. Der Sound kommt dennoch im Ohr an! 😉 )
- Fertig!
Fazit
Zwar muss man die Ohrhörer nun etwas stärker ins Ohr drücken als üblich, aber das Ergebnis ist verblüffend! Denn sie sind jetzt nicht nur als Gehörschutz zu gebrauchen, sondern der Sound hat sich auch – jedenfalls in meinem Fall – hörbar verändert: Die zuvor eher platten und langweiligen Sonys klingen nun satter und lauter, die Bässe sind deutlich stärker. Eigenbau-Soundtuning also inklusive! Dem Musikgenuss in lauteren Umgebungen steht jetzt also nicht mehr so viel im Wege. Außer (Disclaimer!), dass man natürlich in der Fabrik beachten muss, dass der Einsatz von MP3-Playern nicht immer erlaubt oder erwünscht ist 😉 Einsatz also auf eigene Gefahr! Ebenso muss ich darauf hinweisen, dass der reine Gehörschutz mit dieser Lösung dennoch schlechter ausfällt, als wenn man die Ohrstöpsel bestimmungsgemäß für sich alleine einsetzen würde.
PS: Ich nutze meine so umgebauten Earphones inzwischen auch im Alltag und bin absolut überzeugt von diesem Mod!
greg
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