Man muss sich schon schwer über manche Leute wundern. So frage ich mich aktuell, welche Art von Menschenschlag das sein mag, der auf eBay die ganzen Bitcoin Miner (Avalons, Jalapenos, Block Erupter!) zu Wahnsinnspreisen aufkauft, die von dieser Hardware nie mehr in Form von Bitcoin erwirtschaftet werden. Also niemals. Eher wird man, sofern man keinen kostenlosen Strom bezieht, irgendwann sogar noch weiter draufzahlen. Also wer kauft da diese 60 GH/s Miner für 2000 Euro oder mehr, ohne sich jemals Gedanken über sowas zu machen??
Ich kann nur beten, dass wenigstens ein potenzieller Käufer das hier vorher liest:
Nur eine kleine Kalkulation, nachdem ich mal einen recht guten Mining Calculator angeworfen habe, der die ständige Erhöhung der Difficulty berücksichtigt (Link am Ende des Artikels): Nehmen wir einen 60 GHash Avalon oder BFL Single, der auf eBay wirklich für rund 2000 Euro weggeht. Das entspricht im Moment etwas mehr als 3.35 BTC. In einem Jahr bringt das Ding durch Mining insgesamt aber nur geschätzte 1.61 BTC ein. Am Ende dieses Jahres kommen dabei pro Woche gerade mal noch 0.004 BTC heraus und es wird weiterhin alle zwei Wochen noch weniger und weniger bis es schließlich gegen Null strebt. Nach zwei Jahren hat man deswegen – immernoch insgesamt! – nur etwa 1.67 BTC. Mehr wird es auch nicht werden. Wir machen also ein Minus von über 1.6 BTC. Wenn das Ding zwei Jahre 24/7 durchläuft, wohlgemerkt!
Ich habe dabei mit 30% Difficulty-Anstieg pro Monat rechnen lassen, in der Praxis steigt diese aber eigentlich schon lange im Zweiwochenzyklus bereits um 20-30%, ich habe also noch recht gutmütig kalkuliert. Und nein, die wird eher nicht wieder fallen, da Bitcoinminer – ich meine damit die Personen, die das tun – scheinbar wie der Esel mit der Karotte sind. Das Problem an der Sache: Diese Rechnung geht noch davon aus, dass man kostenlosen Strom bezieht, was nur auf die wenigsten unter uns zutreffen dürfte. Gehen wir mal von 250 Watt Stromverbrauch und 25 Cent pro Kilowattstunde aus (auch das wieder sehr gutmütig, wie man sieht), bekommen wir 2190 kWh pro Jahr oder 547,5 Euro. Das ist in etwa schon fast der Verbrauch eines durchschnittlichen Einpersonenhaushalts.
Fassen wir zusammen: Man gibt 2000 Euro aus, um in zwei Jahren Bitcoins im Wert von 1000 Euro zu minen, zahlt dafür aber 1000 Euro Stromkosten. Wer findet den Fehler? 😉 Ganz Schlaue werden nun denken „aber was wenn der Bitcoin bis dahin 10000 Euro pro Stück Wert ist?“. Stimmt, dann haben wir keinen Verlust. ABER: hätten wir unsere 2000 Euro zu Anfang nicht in die Hardware, sondern direkt in Bitcoins investiert, hätten wir am Ende fast doppelt so viele und keine Stromkosten gehabt.
Der Vollständigkeit halber muss ich erwähnen, dass dieses Beispiel genauso auf nagelneue superduper-Terahash-Miner zutrifft, nur in etwas anderem Ausmaß. Bei eBay fällt die tatsächliche Dummheit nur direkter auf. Bei ganz aktuellen ASIC-Herstellern ist das Prinzip ein wenig anders: Es wird Hardware versprochen, die eine wahnsinns Hashleistung bringt. Potenzielle Kunden reiben sich die Hände und haben Dollarzeichen in den Augen. „Die Lizenz zum Gelddrucken!“. „Das Teil bringt ja 10000 Euro pro Monat!!!“. Und so fort. Das Problem: Man kann grundätzlich immer nur vorbestellen (zahlen natürlich bitte sofort), die Hardware wird vollmundig angepriesen für das nächste oder übernächste Quartal, in acht Wochen, oder wie auch immer. Nun sind schon wenige Wochen in der Bitcoinwelt aber bereits eine Ewigkeit: Die Difficulty ist soweit gestiegen, dass nur noch ein Bruchteil beim Mining herauskommt. Und in der Praxis hat zudem wohl noch kein Hersteller seine Versprechen eingehalten, BFL dürfte da sicherlich ein Rekordhalter sein: Soweit ich mich erinnere, hat man seine Miner über ein Jahr lang für „nächsten Monat“ angekündigt. Als die Teile irgendwann ausgeliefert wurden, waren sie noch kaum für mehr als bessere Briefbeschwerer zu nutzen. Siehe wieder das Beispiel oben mit den eBay Minern.
Abschließend noch zwei Links mit weiterführenden Infos: Ein guter Text, der Anfängern erklärt, warum Mining nicht lohnt, sowie ein Mining Calculator zum selbst herumrechnen. (in meinem Beispiel habe ich die Berechnungsvariante v1 gewählt. v2 wäre noch vernichtender)
PS: Ja, ich war vor etwa einem Jahr auch mal so blöd, daher darf ich das hier schreiben! 😉 Die Situation rund um Bitcoin, Mining, Difficulty und ASICs/FPGAs war zwar damals insgesamt noch etwas entspannter als heute, aber unterm Strich kam es auf das Gleiche heraus. Und natürlich habe ich das Geld bzw. die BTC für die spezielle Bitcoinhardware nie mehr reinbekommen. Aber wenigstens gabs auf eBay noch nen guten Preis 😛
PPS: Was sich dagegen lohnen kann, ist das Mining von alternativen Cryptowährungen, die den Scrypt Algorithmus nutzen, da diese bislang auch weiterhin nur mit Grafikkarten ordentlich gemined werden können. Zum Beispiel Litecoin (LTC) oder ganz neu auch Dogecoin (DOGE). Allerdings nur unter den engen Voraussetzungen, dass man
- sowieso die Hardware herumliegen hat, allen voran eine leistungsfähige (!) AMD (!) Grafikkarte
- nichts oder extrem wenig für Strom bezahlt (Studentenwohnheim, *hust*).
Vielleicht ein andermal mehr dazu, aber wie gesagt, das Ganze kann überhaupt nur in einem recht engen Rahmen profitabel sein. Bloß nicht losrennen und jetzt Grafikkarten kaufen, das kann schnell nach hinten losgehen. Wobei natürlich eine Grafikkarte später einfach wiederverkäuflich ist, da man eben auch andere Dinge als Mining damit betreiben kann. Bei einem ASIC bleibt nur der Briefbeschwerer. Andererseits: Wer weiß, wie lange eine Grafikkarte bei dieser 24/7 Vollbelastung am Leben bleibt. Meine Erfahrungwerte sagen, dass diverse Modelle schon nach wenigen Wochen hinüber sein können, während andere nach Monaten noch schön vor sich hinlaufen.
greg
Neueste Artikel von greg (alle ansehen)
- News: Noch ein neuer Blog von mir – für Studenten - 14. April 2020
- Mein neuer Blog – alles auf Anfang - 12. Juli 2019
- E-Commerce Studium in Würzburg beendet – ein Resümee - 14. April 2017