„Geplante Obsoleszenz“ und warum ich Braun nicht mehr mag

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„Geplante Obsoleszenz“, davon hörte man jüngst in den Medien immer mal wieder etwas. Waschmaschinen, die nach wenigen Jahren den Geist aufgeben, Fernseher, elektrische Zahnbürsten, Macbooks… und so weiter. Laut einer aktuellen Studie habe man allerdings „keine Hinweise“ für derartige Praktiken finden können. Natürlich… doch warum meine 20 Jahre alte Waschmaschine noch heute tadellos funktioniert, während wenige Jahre alte Topmodelle namhafter Hersteller regelmäßig die Segel streichen, ein wahres Rätsel. Moderne Flachbildfernseher, die schon während der Garantiezeit das dritte Mainboard verpasst bekommen haben. Oder frei nach Sheldon Cooper: „Es ist fast so, als wären die Geräte in den Händen von Hexen!“ Man hört und liest immer wieder auch, dass die Produktlebenszeit beispielsweise anhand von Bauteilen wie ganz einfachen Kondensatoren mit berechenbarer Lebensdauer – ihres Zeichens Centartikel – sehr gut gesteuert werden kann. Natürlich sind das nur Mythen… *hust*. Als Betriebswirt lernt man den Produktlebenzyklus schon in der Vorlesung. Irgendwann will man eben mal ein neues Modell verkaufen, klar.

Doch gibt es auch Produktbereiche, in denen Captain Obvious so richtig zuschlägt und dennoch bleibt der Massenprotest aus. Besonders dann, wenn es um Geräte mit fest verbautem und nicht austauschbarem Akku geht. Es dürfte inzwischen bekannt sein, dass Akkus nur eine begrenzte Zahl an Ladezyklen mitmachen, bevor sie an Kapazität verlieren und schließlich irgendwann unbrauchbar werden. Hier seien Macbooks ebenso erwähnt wie elektrische Zahnbürsten. Jeder, der eine solche Zahnbürste nach 2 bis 3 Jahren in die Hand nimmt, dürfte sich sicherlich mal Gedanken darüber gemacht haben, dass diese „früher mal“ deutlich flotter zur Sache ging und nicht jeden Tag an die Ladestation musste, um sich noch ein paar müde Bewegungen entlocken zu lassen. Interessanterweise arbeitet gerade der Marktführer Oral-B hier mit ganz handelsüblichen Akkuzellen, die Unbedarfte doch tatsächlich mit gemeinen Mignonbatterien (bzw. Akkus) verwechseln könnten. Doch austauschbar sind diese dennoch nicht, ohne die Zahnbürste zu zerstören. Meines Wissens rechtfertigt der Hersteller dies mit dem Argument, dass die Geräte ja wasserdicht sein müssen, werden sie schließlich in einer Nassumgebung wie dem heimischen Bad – ja gar unter der Dusche – genutzt. Duh! Die Sicherheit!!! Gar nicht auszumalen, fielen die wahnsinnigen 1.2 Volt in die Badewanne. Und die Bürste wäre natürlich kaputt. Nicht erst nach… naja ein paar Jahren von alleine. Merkwürdig nur, dass es auch elektrische Zahnbürsten anderer Hersteller mit austauschbarer Batterie gibt, die – oh Wunder! – dennoch dank Gummidichtung wasserdicht sind. Es soll sogar wasserdichte Smartphones geben mit austauschbarem Akku, erzählt man sich. Vielleicht hättet ihr einfach etwas mehr in R&D investieren sollen, statt das Geld Kai Pflaume zu geben?

Apropos Ersatz: Es gibt aber offenbar auch noch ganz interessante (und clevere) andere Strategien, wie die Firma Braun mit ihren Elektrorasierern zu demonstrieren scheint. Eins vorweg: Braun gehört zur Gillette Company, genau wie Oral-B. Das erstmal nur am Rande. Kürzlich habe ich einen alten Braun Elektrorasierer ausgegraben, ein Topmodell vor einigen… okay, eigentlich schon vor vielen Jahren. Der Akku war erstaunlicherweise noch funktionsfähig (warum kriegt ihr das bei den Zahnbürsten nicht so hin??), doch nun muss man praktischerweise auch bei Elekrorasierern den Scherkopf alle Jahre mal tauschen, da dieser verschleisst. Braun bietet hier ein bestimmtes Set an, dessen Amazon-Rezensionen überaus interessant sind. Dieses wurde nämlich offenbar in den vergangenen Jahren durch ein neues Fabrikat ersetzt… und plötzlich häufen sich wütende 1-Stern-Rezensionen, die lauthals bemängeln, die neue Version sei wenig brauchbar, rasiere schlecht, weiche deutlich und negativ von der früheren Variante ab. Manche Nutzer vermuten gar, dass es Absicht des Herstellers sei, ihr vormaliges Topmodell durch diese vorgeblich schlechten Ersatzteile unbrauchbar zu machen, um sie zum Kauf eines neuen Rasierers zu zwingen. Sicher waren da wieder die Hexen am Werk!

Ich sollte möglicherweise nun auch mal in den Raum werfen, dass die bekannten Nassrasierer von Gillette (z.B. „Mach 3“ oder „Fusion“) als „Power“-Version mit Vibration angeboten werden. Diese beherbergen eine kleine Batterie, die den Vibrationsmotor zum bewegen animiert. Klingt zunächst wenig spannend. Erstaunlich kommt mir vor, dass diese Batterie problemlos austauschbar ist, der Nassrasierer aber wie durch Zauberhand dennoch wasserdicht zu sein scheint – ich selbst habe dies getestet. Könntet ihr nicht einfach ein paar dieser offensichtlich sehr fähigen Ingenieure rüber in die Zahnbürstenabteilung schicken? Dann kann Kai Pflaume auch an Weihnachten wieder eure Produkte verschenken.

Nunja, ob es geplante Obsoleszenz gibt oder nicht, diese Schlussfolgerung sei jedem selbst überlassen. Ich muss daher klarstellen, dass meine Ausführungen selbstverständlich nur auf subjektiven Eindrücken und Beobachtungen meinerseits beruhen. Ich kann meine Vermutungen und Behauptungen natürlich nicht handfest beweisen. Schließlich glaubt auch mancher an die Zahnfee und ich eben daran, Produkte von bestimmten Herstellern in Zukunft einfach zu meiden. Letztlich entscheidet der mündige Konsument, welche Geschäftsmodelle er unterstützt und welche nicht – aber scheinbar macht sich kaum einer Gedanken über sowas. „Kostet ja nicht die Welt“, ab in die Tonne mit dem alten Ding. Ich denke nicht, dass ich besonders „öko“ bin, noch wünsche ich mir Omas Zeiten wieder herbei. Und bei Geräten wie Fernsehern kann ich es nach x Jahren auch verstehen (@Vince ^^), dass man dann gleich lieber einen neuen möchte. Aber wenn ich den alten Rasierer hier neben ein neues Modell lege fällt auf, dass nicht viel auffällt: Der Neue hat inzwischen weder Full-HD, WiFi, noch Bluetooth bekommen (alles ist besser mit Bluetooth). Ein Handgriff mit Batterie und Elektromotor, nach wie vor. Und rasiert sogar schlechter als der Alte. Naja. Damals. Jetzt ist der ja auch schlecht. Sagt man.

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Servus! Mein Name ist Michael Gregor, ich bin ehemaliger E-Commerce Student an der FHWS, Blogger, Webworker und schon IT-Geek seit ich 1994 meinem ersten 386er hatte 🙂 Meine Leidenschaft gilt neben den alten Bekannten wie SEO und Bloggen inzwischen dem Aufbau von Online Akademien und Kursplattformen.
  1. Ich verstehe deine Kritik, und ich selbst bin auch davon überzeugt, dass viele Hersteller „nachhelfen“, andererseits möchte ich zu Protokoll geben, dass ich bei Hardware relativ viel Glück zu haben scheine, z.B. bei Festplatten, die ja oft in der Kritik stehen, nicht besonders lange zu halten. Ich jedoch habe noch (Consumer-)Festplatten, die seit 6+ Jahren im 24/7-Betrieb sind und tapfer weitermachen. Meine Monitore halten 5 Jahre und länger, so dass ich diese quasi schon mit Gewalt ablösen muss. Unsere Waschmaschine ist seit garantiert weit über 10 Jahren im Einsatz.

    Großes Pech haben wir dagegen bei Geschirrspülmaschinen, die alle 3 Jahre ersetzt werden müssen. Und natürlich darf man die schrottigen Tintenstrahldrucker nicht vergessen, von denen wir hier mindestens 5 herumliegen haben.

    Waschmaschinen würde ich niemals ersetzen, wenn sie nicht kaputtgehen. Von einem Modell zum nächsten haben sich die Waschprogramme nicht erheblich verbessert, und die T-Shirts und Hosen werden nicht plötzlich sehr viel sauberer. Und auch bei Fernsehern hat sich zwischen 1985 und 2000 nur vergleichsweise wenig getan. Das Bild ist vielleicht etwas besser geworden, die Geräte sind vielleicht ein wenig leichter geworden, aber es gab keinen Quantensprung. Mit dem Aufkommen bezahlbarer Flachbildfernseher, hochwertigen Panels, steigender Auflösung, und damit die Notwendigkeit von guten Bildscalern, die steigenden Bildwiederholraten, Unterstützung für alle möglichen Formate etc., hat sich das allerdings deutlich verändert. Ein Fernseher von 2008 ist im Jahr 2013 spürbar veraltet, es lohnt sich kaum, diesen reparieren zu lassen. Das gilt ebenso für Smartphones, für PCs, Tablets, DVD-Player, usw. Von diesen Geräten erwarte ich, dass sie eine Mindestdauer von 3-5 Jahren durchhalten. Ob und wann sie danach den Geist aufgeben, ist mir dann eigentlich fast schon egal, weil man dann ohnehin längst mit dem Gedanken spielt, sich etwas zeitgemäßeres zu kaufen.

    Das wollte ich nur nochmal in aller Klarheit ausdrücken 😉

  2. Dann sind wir uns ja grundsätzlich einig 🙂

    Bin daher auch gar nicht weiter auf Hardware etc. eingegangen, mit einem 5 Jahre alten Tablet oder Smartphone hat man ganz andere Probleme, als dass irgend ein Bauteil verreckt. Doch eben bei den Haushaltsgeräten, die keine besondere Entwicklung mehr erfahren, weil es eben nichts mehr zu verbessern gibt. Wenn die nicht irgendwann kaputt gehen, kann der Hersteller den Laden zumachen. Fun fact: Meine Waschmaschine ist in der Tat rund 20 Jahre alt und der damalige Hersteller existiert auch schon lange nicht mehr 😉

    Weniger Glück hatte ich dagegen bei meinem aktuellen Fernseher, der aber immerhin nach der dritten Reparatur fast perfekt läuft 🙂 Die neue Senseo schaffte es auch nur ein Jahr. Solange einem so etwas in der Garantiezeit passiert und der Hersteller oder Händler das gut regelt, ist es ja auch nur noch halb so schlimm.

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