Warum richtig geile Ideen auch richtig „sucken“ können

Tolle Überschrift, habe aber auch gerade ein wenig Hass. Und gleich vorweg, der Artikel wird vermutlich etwas lang. Hass muss man mit besonders viel Enthusiasmus ausdrücken. Auch möchte ich im Vorfeld darauf hinweisen, dass mein sonst eher seriös bemühter Schreibstil in diesem Beitrag verloren ging 😉

Das gemeine Webdesign/SEO-Business ist ja im Prinzip recht eintönig. Man schaut, was woanders gut geht, überlegt ob man sowas in der Richtung auch kann und mit welchen Keywords man bei Google dann oben stehen kann (so wie bei den gefühlten Millionen an Gutscheinseiten momentan). Blöde Copycat-Geschichte, aber man weiß worauf man sich einlässt. Und mit viel Fleiß und (naja eben doch paar) guten Ideen gehts dann auch und man kann vielleicht irgendwann mal die Miete von bezahlen. Hurra!

Ja, klingt blöd, aber irgendwie funktioniert das in der Praxis eben wirklich so. Aber WEHE, man hat mal eine wirklich gute Idee, so richtig originell, ohne Gedanken an SEO oder die Kohle! Man könnte glatt meinen, Innovationen will das Internet nicht.

Warum ich das schreibe? Natürlich aus Frust, warum auch sonst?! Geplänkel vorweg: Ich bin auch gewissermaßen ein kleiner Autonarr. Nicht einer dieser tiefer-breiter-lauter-Fraktion (naja, früher schon ein wenig), aber das Thema geht eben auch heute nicht ganz an mir vorbei. Hobby und so. Und dann hatte ich vor ein paar Monaten eine bahnbrechende Idee: Der Gebrauchtwagenkauf nervt einfach nur! Man will sich ein Auto kaufen, schaut also mal die Internetbörsen durch. Jede Menge „toller Angebote“ gibts da, also fährt man mal eben durch das halbe Land. Die Karre wird ja auch als „top Zustand! Wie neu!“ angepriesen. Tja, Pustekuchen. 400 km gefahren und dann steht da eine Möhre: Hundehaare überall, Bremsen abgefahren, Kratzer rundrum. Auf dem Foto sah die Kiste ja noch „top“ aus. Das war auch die Bezeichnung des Verkäufers in seiner Anzeige. Ja dankeschön!

Achja, wo war nun meine Idee? Genau! Hätte ich also jemanden gekannt, der in der Nähe des Inserates wohnt, hätte ich ihn vermutlich mal kurz vorher gefragt „hey, da steht ein Gebrauchter bei Dir ums Eck, würdest den vielleicht mal kurz für mich vorabchecken?“. Der fiktive Bekannte müsste ja nun auch kein Autogott sein. Zwei Augen im Kopf und ein wenig Hirn würden schon genügen und er hätte mir gesagt „die verranzte Karre kannst du in der Pfeife rauchen“. Ich hätte mir also die 400 km gespart und mir ein anderes Objekt der Begierde gesucht.

Ach die Idee fehlt ja noch immer. Aus der ganzen Geschichte habe ich nun also ein Onlineportal gebaut. www.ferntester.de heißt das Ganze. Für alle, die ähnliche Situationen kennen – und das dürften die meisten sein. Man findet also ein Auto im Internet, doch bevor man da nun weit hinfährt, schaut man also einfach mal, ob ums Eck von dem Ding bereits jemand wohnt, der es sich mal ansehen würde. Ein „Ferntester“ also. Der Kerl kann dann direkt mal angeben, ob er dafür Spritgeld haben will, einen Festpreis oder meinetwegen nen Kasten Bier. Hauptsache er schaut sich die Karre mal kurz an, sagt mir seinen ersten Eindruck und macht mir ein paar Fotos davon. Dann kann ich mir immernoch überlegen, ob ich da wirklich selbst hinfahren will, oder ob ich bereits genug habe und mir das ganze direkt spare, weil es wohl doch eine Gurke zu sein scheint.

Ja, geniale Idee, oder? Sehe ich auch so. Aber kein klassisches SEO Projekt. Viel zu originell und überhaupt gibts dafür keine passenden Keywords bei Google. Was macht man also? Na gut, erstmal ein paar Autoforen anschreiben. Die müssten sich doch freuen, dass man eine Lösung für ein altbekanntes Problem anbietet. Von wegen. „Deine kommerzielle Werbung wollen wir hier nicht!“. Kommerziell? Was, wo? Kostet nix, keine Werbebanner auf der Seite. Naja, schreiben wir halt noch ein paar andere Foren an. „Deine Werbung ist hier unerwünscht!“. What the f…. !? Okay, Forenbetreiber mögen also keine Links zu neuen Projekten, auch wenn sie kostenlos sind. Schreiben wir also mal größere Autoportale an – Namen bleiben hier mal unerwähnt. „Ja, super Idee. Nützlich auch für unsere User. Aber was kannst Du uns bieten? Wir erwähnens ja gerne, aber das kostet xx tausend Euro.“. Bitte was? Ich dachte, tolle Ideen könnten auch ruhig mal verbreitet werden. Nix wars.

Achja besonders nett sind dann auch Antworten wie „Super Idee, aber REIN ZUFÄLLIG WOLLTEN WIR SOWAS AUCH GERADE MACHEN“. Ach, leck m….! Ja gut, oben schreibe ich ja auch was von Copycat… aber beim SEO klaut eh jeder von jedem und mit originell hat da sowieso kein Projekt was tun. Kein Mensch hatte diese Idee bislang und nun wo ich damit hausieren gehe, hat das plötzlich jeder im Petto. Na gut, schreiben wir als letzte Instanz also noch ein paar Zeitschriften an. Antwort: „Sie wollen in unserer Publikation werben? Anbei unsere Preise.“. Tolle Wurst!

Was lernen wir daraus? Eine gute Idee allein ist rein gar nichts wert, wenn man sie nicht selbst zeitnah auch gut vermarkten kann. Klingt desillusionierend, ist aber auch so. Ich warte nun darauf, dass irgend eine größere Firma mit ordentlich Finanzkraft demnächst meine Idee als die ihre ausgibt und daraus ein lukratives Portal macht.

Schöne neue Welt.

The following two tabs change content below.
Servus! Mein Name ist Michael Gregor, ich bin ehemaliger E-Commerce Student an der FHWS, Blogger, Webworker und schon IT-Geek seit ich 1994 meinem ersten 386er hatte 🙂 Meine Leidenschaft gilt neben den alten Bekannten wie SEO und Bloggen inzwischen dem Aufbau von Online Akademien und Kursplattformen.